VBZ: Behinderte müssen draussen bleiben
Für einmal ist allerdings nicht die Treppe im 32er Bus zu steil, sondern damit meine ich Westnetz, die Quartierplattform von und für die Stadt Zürich. Diese ist für Behinderte nicht zugänglich. Also die Inhalte von Westnetz kann ein Blinder mit seinem Ãœbersetzungsprogramm nicht lesen. Doch vom Gesetz her müsste ein staatlicher Betrieb wie die VBZ ihre Informationen Barrierefrei anbieten. Aber jetzt mal der Reihe nach:
Bereits in der Bundesverfassung wird festgehalten, dass niemand aufgrund einer Behinderung diskriminiert werden darf. Das im Jahr 2004 in Kraft getretene Behindertengleichstellungsgesetz regelt weitergehend auch die Dienstleistungen des Gemeinweisens. Diese müssen auch zugänglich für Menschen mit Behinderungen angeboten werden. Darunter fallen auch die Internetangebote von Bund, Kantonen und Gemeinden.
Und fallen da die Verkehrsbetriebe Zürich nicht auch darunter? Denn die VBZ sind das kommunale Verkehrsunternehmen der Stadt Zürich und gehören zum Departement der Industriellen Betriebe (DIB), einer Untereinheit der Stadtverwaltung.
Mit den Verwaltungsrichtlinien P028 hat der Bund die Umsetzung der Barrierefreiheit in der zentralen Bundesverwaltung detailliert geregelt. (Weitere Infos zu gesetzlichen Rahmenbedingungen bzgl. Barrierefreiheit gibt es auf der Webseite der Stiftung Access For All)
Versteht mich bitte nicht falsch. Ich liebe Westnetz. Das Konzept und auch teilweise die Umsetzung sind grandios. Und wenn man bedenkt, wie viel Geld die VBZ in herkömmliche Werbung für die neue Tramline (Plakate, Trambemalung etc.) gesteckt hat, und wie wenig eine so geniale Plattform wie Westnetz kostete, dann muss man Westnetz neidlos als aussergewöhnliche Erfolgsstory anerkennen. Mittlerweile schreiben 80 Blogger aus dem Kreis 5 mit. Ich bin einer davon, und das ist gut so. Ich liebe Wetnetz. Ich mag die Redaktion, die Texte, die vielen informativen Interviews mit Politikern, die Leser. Nur eben mit der (nicht vorhandenen) Barrierefreiheit habe ich Mühe. Und ich frage mich schon, liebe Hinderling Volkart, wie man eine Webseite mit über 80 Error, alleine auf der Landing Page, programmieren kann.
Generell empfehle ich jedem den Besuch der Webseite der Stiftung „Zugang für alle“. Die Verpflichtungen von privaten Dienstleistungsanbietern gehen zwar weniger weit. Ihnen ist es jedoch untersagt, Menschen mit Behinderungen bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu diskriminieren.
Und zu guter Letzt noch diesen Hinweis: Die Stiftung „Zugang für alle“ bietet sogar ein kostenloses Tool: PDF Accessibillity Checker. Damit könnt ihr eure PDF-Dateien auf Barrierefreiheit testen.
Abschliessend ein 90 Sekunden Video:
Das Schöne an Barrierefreien Webseiten: Wenn eine Maschine für Blinde die Page lesen kann, dann kann auch der Googlebot die Seite gut lesen. Und das mag Google und platziert diese Webseite dann prominenter in den Suchresultaten. Mit einer sauberen Programmierung kann man einiges an Budget für SEO sparen. Ja ich weiss das. Ich habe mal auf einer SEO-Agentur gearbeitet.
Es würde mich freuen, wenn du diesen Blogpost teilst. (Sofern du diesen lesen kannst)
Also von diesen 80 Errors sind höchstens zwei Accessibility-technisch relevant (fehlende alt-Attribute beim Headerbild und VBZ-Logo).
Problematisch ist meiner Meinung nach viel eher die Navigation über die Flash-Komponente.
Ja da hast du recht. Danke für deinen Kommentar.
Die Accessibility von Karten ist generell ernüchternd. Und bei Seiten mit so prominenter Platzierung von Maps ist das leider der Normalfall. Accessible Maps sind sehr selten und es ist auch noch keineswegs klar wie eine optimale Lösung aussehen sollte. Maps sind nunmal zwei-dimensional, und zwei Dimensionen für Blinde in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen ist nicht ganz trivial.
Aber abgesehen von der Map gäbe es andere Baustellen. Die Page ist nicht wirklich zugänglich. Kein Tastaturfokus, nur so als Beispiel. Wie du erwähnst, bei der Navi anzusetzen wär schon mal ein guter Anfang.
Du bist ja ein technischer Derwisch, Bonz. Erklär uns doch mal, was das genau hiesst, wenn man die Seite behindertengerecht machen würde.
Jetzt mal davon abgesehen: westnetz.ch hatte ja einige Texte zum Thema Behinderte und einen behinderten Blogger. Texte, die in normalen Redaktionen kaum mehr unterzubrignen sind, weil man ihnen Sozialkitsch vorwerfen würde.
Ich wollte auf keinen Fall den Inhalt der Page kritisieren. Es geht rein um den Zugang. Mein Vorschlag daher, wir lassen von der Stiftung „Zugang für Alle“ einen Quicktest machen. (3 Ausgewählte Seiten).
http://www.access-for-all.ch/ch/beratung/quicktest.html
Schön wäre auch, wenn wir dann deren Zertifikat auf der Seite platzieren könnten nach erfolgreicher Umsetzung.
Alternativ könnte ich einfach die auf der Seiten gefundenen Error via W3C Validator ausmerzen. Damit wäre wohl ein grossteil der Hürden beseitigt.
@Haemmerli:
Barrierefreiheit ist leider keine Sache die man so schnell schnell umsetzt. Optimalerweise wird Accessibility schon bei der Planung einer neuen Website/ eines Relaunches berücksichtigt. Aber trotzdem mal die wichtigsten Punkte:
* Klare Strukturierung durch hierarchische Ãœberschriften (z.B. auch für „nur“ visuell sichtbare Bereiche, wie Header, Navigation, rechte Spalte, Footer, etc)
* Alternativtexte für Bilder
* Klare Linkbezeichnungen
* Tastaturbedienbarkeit, Keine Tastaturfallen, gut sichtbarer Tastaturfokus
* Audiodeskriptionen
* uvm.
Die von Bonz erwähnte Stiftung «Zugang für alle» hat unter http://www.accessibility-checklist.ch/ eine detaillierte Checkliste entwickelt, welche die internationalen Richtlinien für barrierefreies Webdesign (WCAG 2.0) gut verständlich umsetzt. Ich kann allen Websitebetreibern herzlich empfehlen sich mal etwas eingehender mit dem Thema auseinander zu setzen.
Und übrigens: Accessibility schränkt die individuelle Kreativität in (fast*) keiner Weise ein. * Mit Ausnahme von einem Mindestmass an Kontrastverhältnissen.