Unterhaltung für den Pöbel
Die Freie Meinungsäusserung in einem anonymen Umfeld verweigert sich einem konstruktiven Diskurs und führt schlussendlich nur zur Unterhaltung der Zielgruppe mit seinen Schaulustigen.
Erkenntnis am Ende vom Strichplatz.ch-Experiment.
Man nehme ein polarisierendes Thema, die passende Domeinadresse und erstelle ein freies Forum für anonyme Kommentare. Wer vom Ergebnis erstaunt ist, soll bitte die rosarote Brille weglegen und sich umschauen. Was ich hier beschreibe ist das Projekt der strichplatz.ch Webseite, ein Experiment zwischen freier Meinungsäusserung und Gesellschaftskritik.
So ernst das Thema der Prostitution auch ist, so verlogen die Diskussion darüber. Natürlich ist es das „älteste Gewerbe der Welt“, doch waren Maurer und Metzger etwa auch schon immer in Gewerkschaften organisiert? Der Verweis auf die Geschichte hinkt. Schliesslich bleibt die Veränderung die einzige Konstante im Wandel der Zeit.
So war es eine Pionierarbeit den Strichplatz in Zürich-Altstetten zu bauen. Gewagt und -visionär, nach einem Jahr scheint die Ernüchterung aber so gross zu sein, dass am besten gar nicht mehr darüber gesprochen wird. Ein totgeschwiegenes Projekt konnte so als Erfolg verbucht werden auch wenn die Ziele im dunklen blieben.
Richtig, es hat niemand darum gebeten die Strichplatz-Webseite zu bauen. Auch richtig, ein anonymes Umfeld, wie das des Internets, provoziert einfache und primitive Äusserungen. Ob dies jedoch schon ausreicht um das ganze Projekt als unnötig abzutun, wage ich hier einmal zu bezweifeln. So hatte die Webseite wohl nicht nur den offiziellen Betreibern und Experten des Platzes einen Spiegel vorgehalten. Das Projekt beleuchtete eine Facette unserer Gesellschaft die niemand gerne sieht. Auch wenn die Meinungen oft gegensätzlich sind, sollte es möglich sein diese auszutauschen ohne gleich ins Darknet abtauchen zu müssen.
Das Problem scheint die Öffentlichkeit und die damit verbundene Arbeit zu sein. Auf der einen Seite suchen anonyme Autoren die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums, auf der anderen Seite scheuen die Institutionen die direkte Konfrontation mit der Öffentlichkeit.
So ist es bezeichnend wie sich alle beteiligten von Seiten der Stadt in aktiver Ignoranz geübt haben. Anstatt die Seite für ihre Zwecke zu nutzen versuchten sie den Kanal zu schliessen. Statt eines Gespräches gab es nur Drohungen.
So wird strichplatz.ch zum Archiv seiner selbst und zum Zerrbild unserer Gesellschaft im Umgang mit moralischen Fragen.
Abschlussbericht auf der Strichplatz-Seite hier nachlesen