Heisses Eisen: Satan kommt aus Kirgisistan
Wenn einem der Teufel ein Geschenk macht, lehnt man nicht ab, es sei denn, man will dereinst auf die ewige Metalparty in der Hölle verzichten. So passierte es, dass mir Shahid von Shaytan Productions das prächtig aufgemachte Doppelvinyl von The Great Silk Road der schamanischen Black Metaller Darkestrah per Post zukommen liess. Dafür schreib ich jetzt darüber. Nur Gutes selbstverständlich. Aber nicht, weil ich mich als PR-Schreiberling im Auftrag Satans aufspielen will, sondern weil die Platte schlichtweg grossartig ist.
Hü!
Gut, so ein Gatefold-Cover mit schöner Optik macht grundsätzlich Freude. Da geht man automatisch wohlwollend an die Musik ran. Aha, Kirgisistan, klingt exotisch. Die machen also nicht einfach einen auf Orient, die sind Orient. Und ja: zweimal 180 Gramm pechschwarzen Vinyls. Wer würde schon auf die Idee kommen, soviel wertvollen Rohstoff für musikalischen Dünnpfiff zu verschwenden? Und: Wie soll man bei so vielen positiven Vorzeichen noch kritisch an die Mucke rangehen?
Galopp!
Egal, ich leg die Platte einfach mal auf. Intro: Akustikgitarre, Perkussion, Flöte, vielversprechend. Und als es dann richtig losgeht, verfliegen meine Selbstzweifel. Grosse Kelle zwar, aber geil. Kraftvoll, relativ sauber produziert, aber alles andere als künstlich. Hier wird nicht auf Teufel komm raus exotisch herumexperimentiert, die zentralasiatischen Elemente zeigen sich vielmehr in der Atmosphäre, im gezielten Einsatz traditioneller Instrumente, in Intros und Zwischenspielen, die für eine gewisse fernöstliche Note (mein persönliches Highlight: der Kehlkopfgesang im Intro zu Kara Oy) sorgen, sich aber prima in den letztendlich gar nicht so spektakulären atmosphärischen Black Metal einfügen. Und «gar nicht so spektakulär » meine ich im besten Sinne, denn Darkestrah treffen genau meinen Nerv. Epische, melodiöse, grosse, oft im getragenen Midtempo gehaltene Hymnen, die direkt ins Herz treffen und in denen kleine folkige Nuancen immer wieder für Gänsehautmomente sorgen. Und das ohne je kitschig zu werden. Das hier ist grosses Black Metal-Kino, das uns auf einen mal gemächlichen, mal rasanten Ritt durch die zentralasiatische Steppe mitnimmt, das aber ebenso an slawische Grosstaten, wie etwa Drudkhs Ãœberalbum Blood in our Wells oder auch an die Briten von Wodensthrone, die Könige des cineastischen Epic Black Metal, erinnert.
Brrr!
Um mit dem Exotenbonus definitiv aufzuräumen, sei hier gesagt, dass die Band schon seit geraumer Zeit in Leipzig ansässig ist und bis auf Bandkopf, Drummer und Multiinstrumentalist Asbath und Sängerin Kriegtalith (mittlerweile leider auch nicht mehr dabei) aus Deutschen besteht, was dem Ganzen aber keinen Abbruch tut. Und zu guter Letzt sei auch erwähnt, dass The Great Silk Road ursprünglich bereits 2008 erschienen ist, jetzt aber von Shaytan Productions erstmals auf Vinyl gepresst wurde. Und dies in der mickrigen Auflage von 300 Stück. Der Kenner greift zu, solange es hat. Der Rest kriecht zurück ins digitale Wurmloch.