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Heisses Eisen: Top 20 of 14 / Teil II

Ich warte immer noch auf die neue Primordial. Darum taucht sie hier nicht auf. Das ist einerseits schade, weil ich praktisch sicher bin, dass die Scheibe es in meine Bestenliste geschafft hätte. Andererseits schafft das Raum für ein anderes Album, das der Erwähnung hier ebenso wert ist. So gesehen hat die Langsamkeit der Post auch einen Vorteil, erleichtert mir auf jeden Fall die Entscheidung. Und nein: Es käme mir nicht in den Sinn, ein Album in die Liste zu nehmen, das ich nur in beschissener MP3-Qualität auf Youtube gehört habe. Hier also der zweite Teil der Besten.

Pallbearer – Foundations of Burden
Schon das erste Album von Pallbearer schlug ein wie eine Bombe – wenn auch eine ganz langsame, schaurig-schöne. Nun führen sie ihr Werk fort, und sind keinen Deut schlechter geworden. Im Gegenteil: Ich mag diese neue Eingängigkeit, denn sie geht nicht im Geringsten zu Lasten der Atmosphäre, der Eigenständigkeit, der Tiefe, die die Band auszeichnen. Für mich schwebt die Musik von Pallbearer bei aller Heavyness und der wirklich wuchtigen Produktion immer mindestens einen halben Meter über dem Boden. Traumhaft.

Nux Vomica – Nux Vomica
Eine Band, die an alte (Souls at Zero/Enemy of the Sun-Phasen-)Neurosis erinnert, hat bei mir grundsätzlich einen guten Stand. Das heisst nicht, dass Nux Vomica genau so klingen. Aber es gibt sie hier eben, diese entscheidenden Erinnerungsmomente, die diese Platte für mich persönlich zu etwas Besonderen machen. Letztendlich gehören Nux Vomica zu den Bands, die im Prinzip nichts wirklich Neues kreieren, aber existierende Elemente so treffend, originell und leidenschaftlich kombinieren, dass am Ende etwas Eigenständiges herauskommt. Und erst noch etwas richtig, richtig Gutes.

Black Trip – Goin' under
Da ich dieses Album unbedingt in meiner Liste haben will, beziehe ich mich einfach auf das europaweite Veröffentlichungsdatum im Juli 2014. Denn seither läuft es bei mir mehrmals wöchentlich, und dies ohne die geringsten Verschleisserscheinungen. Black Trip bestehen vor allem aus alten schwedischen Death Metal-Recken, die sich auf ihre Wurzeln besinnen. Das klingt erstmal wenig spektakulär. Wenn dabei aber das beste reinrassige Old School-Heavy Metal-Album des Jahres rauskommt, sieht's schon anders aus. Supersongs, Superleads, Superharmonien und die superpassende Stimme von Enforcer-Sänger Joseph Tholl machen dieses Album schlicht – ja! – super. Genau so muss Heavy Metal.

Midnight – No Mercy for Mayhem
Ich weiss nicht, ob es Leute gibt, die erwartet haben, dass sich das zweite Full-Length-Album von Midnight fundamental vom ersten unterscheiden wird. Wenn ja, haben diese etwas falsch verstanden. Denn um musikalische Innovation geht es hier an allerletzter Stelle. Hier wird Tradition gepflegt, mit Dreck geschmissen, Klischees werden mit Hingabe zelebriert. Im Grunde wird hier gerocknrollt, wie es sich gehört. Nur versteht das die breite, ignorante Masse nicht. Auch egal. Hauptsache uns nimmt niemand unsere Midnight-Platten weg.

Darkest Era – Severance
Wenn ich über Darkest Era schreibe, fällt es mir schwer, nicht sentimental zu werden. Denn diese Band hat sich bereits mit ihrem ersten Album einen sicheren Platz tief in meinem Herzen erobert. Und eigentlich würde ich jetzt am Liebsten keine weiteren Worte dazu verlieren, denn ich werde dieser Band und meinen Emotionen für ihre Musik ganz sicher nicht gerecht. Schuld daran sind diese Melancholie, diese Würde, die Songs und Melodien (keltisch inspiriert, weshalb Darkest Era gerne als Celtic Metal bezeichnet werden), die mich im Innersten treffen und dort tiefes Glück, eine angenehme Art von Trauer auslösen. Und Freude darüber, dass Menschen solche Musik erschaffen können. Reicht das? Dann ergänze ich nur noch, dass die Ir/innen mit Cruz del Sur nun ein Label gefunden haben, das ihrer würdig ist. Auch das ist schön.

Morbus Chron – Sweven
Nachdem ich die Band live gesehen habe (wenn auch nur für viel zu kurze 30 Minuten), fällt meine Hochachtung für ihr musikalisches Schaffen noch grösser aus also zuvor. Denn die Leidenschaft und Kreativität der Band ist augen- und ohrenscheinlich echt. Morbus Chron ruhen sich nicht auf den Lorbeeren aus, die ihnen der Vorgänger eingebracht hat. Stattdessen pfeift man auf herkömmliche Songstrukturen, setzt auf Atmosphäre statt kühle Präzision und ist dabei progressiv im besten Sinne. Die schwedischen Jungspunde scheinen eine riesige Schatztruhe randvoll mit genialen musikalischen Ideen im Keller stehen zu haben. So hört sich das an. Das Feuerwerk zündet vielleicht nicht im ersten Moment, die vertiefte Auseinandersetzung lohnt sich dafür umso mehr.

Capilla Ardiente – Bravery, Truth and the Endless Darkness
Capilla Ardiente sind im Prinzip nichts anderes als Procession ohne schwedisches Zugemüse. Sprich: die beiden Bandköpfe Felipe Plaza Kutzbach (Gesang und Gitarre) und Claudio Botarro Neira (Bass), wobei ersterer Hauptsongwriter bei Procession, letzterer bei Capilla Ardiente ist. Das macht aber gar keinen so grossen Unterschied, den die Parallelen sind meines Erachtens offenkundiger als die Differenzen. Capilla haben etwas mehr klassische Heavy Metal-Einflüsse, stehen dennoch knietief im epischen Doom Metal. Und auch qualitativ hinkt man den aktuellen Königen des Epic Doom (also eigentlich sich selbst) höchstens minimal hinterher. Denn auch hier regieren die grosse Geste, grosse Gefühle, grosse Melodien, Heavyness und Power. Besser geht Epic Doom eigentlich gar nicht. Schon gar nicht in diesem Jahr.

Dead Congregation – Promulgation of the Fall
Die Griechen verkünden den Untergang, das versteht man auch ohne die Lyrics zu lesen. Denn eindrücklicher und bedrohlicher wurden die alten Death Metal-Tugenden von Tod und Verwesung, von Verwüstung und Apokalypse in diesem Jahr nirgends musikalisch umgesetzt. Promulgation of the Fall lebt nicht in erster Linie von den ausnahmslos grossartigen Tracks, den gnadenlos peitschenden Blastbeats und zähflüssigen Doom-Parts, sondern es entfaltet seine Wirkung in der Gesamtheit aller Elemente. Technisch auf höchstem Niveau, haben die Botschafter des Kollapses (als Griechen wissen sie, wovon sie reden) keine Kabinettstückchen nötig, um einen Grossteil vergleichbarer Bands zu pulverisieren. Für Freunde der finster-morbiden, satanischen Death Metal-Kunst heisst der Befehl ganz klar: auf die Knie!

Bölzer – Soma
Bölzer sind ein Phänomen. Wie das Schweizer Duo im letzten Jahr den weltweiten Extrem-Metal-Underground aufgemischt hat, ist beeindruckend. Und dabei handelt es sich mitnichten um einen Hype, vielmehr werden Bölzer zurecht als Innovatoren gefeiert. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Kerle an Instrumenten und Mikro wirklich eigene Stile pflegen und so mit ihrer Mischung aus Black- und Death Metal eine Wirkung, eine Atmosphäre erzielen, die schlicht mit keiner anderen Band vergleichbar ist: dunkel, wahnsinnig und vor allem mächtig. Das gilt für Aura (2013) genauso wie für Soma, wobei letztere etwas weniger schnell ins Ohr geht, dafür nach einer Weile für umso mehr Begeisterung sorgt. Nach zwei EP's soll nächstes Jahr ein komplettes Album folgen. Ein Platz in der Bestenliste 2015 ist schon mal reserviert.

Occultation – Silence in the Ancestral House
Retromässiger Occult Metal mit einer Frau am Mikrofon. Wer jetzt schon genervt die Nase rümpft, muss gar nicht weiterlesen. Obwohl: Occultation klingen bei Weitem nicht so unoriginell wie ihr Name anmuten könnte. Natürlich sind die Zutaten auch hier die selben: eine betörende weibliche Stimme, viel 70er/early 80's Hardrock/Heavy Metal, eine düstere, doomige Atmosphäre, ein paar psychedelische Einsprengsel. Und dennoch klingen Occultation eigenständig. Denn das Songwriting der Band hat sich gewaschen, tolle Refrains, erstklassige, detailverliebte Gitarrenarbeit und zahlreiche überraschende Momente heben Silence in the Ancestral House weit über den Durchschnitt hinaus. Das hängt sicher auch mit der Produktion zusammen, die schlichtweg perfekt ist, warm und natürlich, leicht verwaschen und doch transparent genug, um die vielen Feinheiten zur Geltung kommen zu lassen. Nun überzeugt euch selber, verdammt!

Matte

Für Heavy Metal zuständig … und ist der linke Fuss und die rechte Hand von Trollhauser.

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