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Musik

Interview mit WUCAN

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Ich mache es kurz, Sow The Wind hat mich umgehauen. Präzise, hypntotisch aber doch unglaubllich verspielt und inspirierend und alles kommt „aus einem Guss“. Yeah, ich frage jetzt nicht woher der Bandname kommt. Sondern mich nimmt wunder, ist das Albumcover „Sow The Wind“ von eine Anspielung auf das Album Court of the Crimson King?

Dankeschön, das freut uns sehr, dass es dir gefällt. Wir haben da wirklich viel Arbeit reingesteckt.

Zum Bild: Nein, ist es nicht. So habe ich es auch nie gesehen. Aber danke für den Tipp!

Das Bild ist mir auf Tumblr, einer Internetplattform für Bilder und Zitate, förmlich in den Schoß gefallen und ich dachte SOFORT: „Wow, das müsste man mal als Plattencover haben“. Es ist so unheimlich ausdrucksstark , vorallem, wenn man die Rückseite der Platte dazu noch betrachtet. Aber eben doch so simpel.

Ich hab monatelang nach Rufus Segar gesucht, um ihn zu fragen, ob er uns das Bild überlassen möchte. Er war leider nicht auffindbar (wir hörten neulich, dass er im Mai verstarb.). Wir wollten das Motiv aber trotzdem benutzen und baten Lydia von Lysign.de, es nicht etwas zu verändern. Und hier ist es.

Als Querflötist nimmt mich natürlich wunder, wer hat euch inspiriert?

Wenn du von meinen Querflötenparts sprichst: Keiner. Absolut niemand. Zumindest nicht bewusst. Ich bewundere Hansi Fischer, der bei Xhol, Embryo und Missus Beatsly gespielt und dort unfassbare Sachen vom Stapel gelassen hat. Aber das ist eine Liebe, die ich erst seit Kurzem hege. Ich habe nie wirklich auf Flötenparts in der Rockmusik geachtet. Das ist auch gut so, denn so habe ich mich nicht unnötig beeinflussen lassen. Ich spiele die Flöte so riffig, wie ich Gitarre spiele. Das wäre nicht gegangen, wenn ich von Anfang an Jethro Tull hart gefeiert hätte. Die Liebe zur Flötenmusik kam erst, als ich tatsächlich schon 5-6 Jahre spielte. Lucifer Was, Golden Earring- das ist das einzige, was ich in der Richtung höre. Es gibt noch ein paar abgefahrene Blockflötensolos bei Bands wie Ougenweide und Pentagon, die mich auf jeden Fall für unser neues Zeug inspirieren werden.

Ich liebe Art Rock, Progressive Rock oder eben wie ihr es nennt, Kräuterrock. Wo gibt es noch Festivals oder Orte, die solchen Sound spielen? Oder anders gefragt, warum ist Krautrock nicht viel poulärer?

Das ist eine sehr interessante Frage.

Weil jeder etwas anderes darunter versteht. Wenn ich von Krautrock spreche, beinhaltet das im Grunde erstmal alles, was in Deutschland in den späten 60ern bis, sagen wir mal, zur ersten Lilienthalscheibe entstand. Das ist schon eine ganz schön lange Spanne mit vielen Spielarten. Keine Band ist wie die andere!

Die einen feiern Tangerine Dream, die anderen (wie ich) stehen halt auf Kraan und Drosselbart. Aber wirklich stilistisch vereinen lassen sich die Bands nicht. Es ist irgendwie Krautrock, weil es neu und deutsch ist, aber direkt eine bestimmte Zielgruppe sprechen diese Stile halt nicht an.

Ich denke das ist auch der Grund, warum es da keine Festivals (abgesehen vom Finki, auf das ich auch schon immer wollte!) gibt.

Für mich hat jede Art von Krautrock, und sei es die größte Dödelei, etwas intellektuelles. Das hat mich damals als 15-jährige schon fasziniert und das tut es heute auch noch. Ich glaube, diese neuen Ausdrucksformen, die die Bands damals benutzten, sind (vorallem) heute nicht mehr für jedermann. Damit kommen die Leute nicht klar. Man glaubt immer, alle seien jetzt so unheimlich offen und gebildet, aber das stimmt absolut nicht. Ich glaube die breite Masse an Menschen ist, was Kunst und vor allem Musik angeht, viel verbohrter als damals.

Schau dich um: selbst in dem sogenannten Retro-Segment ist doch alles brav 4/4 Takt und alle kommen geschniegelt und gestriegelt auf die Bühne. Is doch auch kein richtiger Exzess mehr. Die Leute wollen ein glattgebügeltes Abziehbild der 60er. Blümchenkleider und Bart und paar Fransen am Rucksack und sowas. Ein Produkt, was mit Attributen belegt wird. Und auf einmal ist alles Progrock, aber hat mit Progrock garnichts zu tun. Zumindest nicht im Sinne der großen Bands von damals.

Das soll nicht heißen, dass wir da jetzt ganz anders wären, hier den Krautrock-Gammler raushängen lassen und auf einmal den Laden von hinten aufrollen. Ganz im Gegenteil: Ich schließe uns da ein. Wir sind meilenweit von unseren Helden wie Kansas und Boston entfernt!

Aber ich glaube eben, dass die Menschen einfach stumpf sind und nicht jeder für Vibraphon-Austicker von Christian Burchard ertragen kann. Es ist und bleibt Nieschenmusik.

Wieviel ist digital und wiviel ist Analog auf Sow The Wind?

Das ist eine relativ unpräzise Fragestellung. 😉 Da könnte ich jetzt bei unseren Effektboards für die Gitarren anfangen. Ich glaube du sprichst von der Gesamtaufnahme? Enttäuschenderweise haben wir alles digital aufgenommen. Viele Sachen jedoch auf Band abgemischt worden. So genau habe ich das garnicht mehr in Erinnerung. ABER: Die Basic tracks haben wir live eingespielt. Man hätte also durchaus alles auf Band aufnehmen können. Es war ohnehin live. Wir haben von fast allen Songs gleich den ersten Take genommen, wenn die Energie gestimmt hat. Total ärgerlich, dass wir das nicht gleich auf Band gemacht haben. Ich weiß aber nicht mehr warum wir das nicht gemacht haben. Uns war aber extrem wichtig, dass wir alles gleich, direkt und live einspielen. Das ist glaube ich auch der Grundpfeiler der Platte. Manche Sachen wie Gesang und Drums haben wir dann nachträglich extra noch auf Band übertragen. Der Soundunterschied ist gewaltig!

Eure Songs haben eine starke spirituelle Ausstrahlung. Dies wird insbesondere im letzten Track „Wandersmann“, der ganze 16 Minuten dauert, sehr religiös daher. Hat dieser Song einen religiös, christlichen Hintergrund? Woher kommt diese Spiritualität und was sagen diese Zeielen aus?

Also christlich ist da garnichts, haha. Aber viele Leute denken wirklich, ich sei christliche Missionarin. Ich halte schon das Buch immer hoch beim lesen, sodass es die Leute erkennen können, dass es keine Bibel ist. Hilft wohl nichts 😀

Das hört man spätestens in dem Sprechteil, in dem ich den Namen des Buches sage, aus dem ich lese: ‚Bhagavat Gita‘. Das ist ein hinduistisches Buch und ist mir während einer persönlichen Krise in einem Berliner Buchladen in die Hände gefallen. Ich habe einfach gelernt, dass gewisse Dinge so SEIN MÃœSSEN, wie sie sind. Für alles gibt es einen Grund. Und alles kommt auf einen selbst zurück. Das ganze Karma-Ding halt. Ich glaub da ehrlich dran! Diese Literatur hat mir einfach extrem geholfen, Dinge zu akzeptieren. Ich hab mittlerweile ein tiefes Vertrauen in mein Schicksal.

Und ja, Wandersmann hat einen spirituellen Hintergrund. Ich wollte den Text erst über ein anderes Thema verfassen, aber irgendwie konnte ich nicht anders, als dies zu schreiben. Keine Ahnung. Spiritualität spielt eine ENORME Rolle in meinen Texten. Es geht um einen König, der einfach alles im Leben hat: Sein Reich, was ihm zu Füßen liegt, Freunde und Frauen. Aber keine Erfüllung. Er ist unglücklich. Selbst die Einsamkeit hat ihn verlassen- stell dir das mal vor! Selbst die Einsamkeit is weg- der Typ fühlt garnichts und ist total leer- schwer zu beschreiben, wie ich das meine. Er ist allein inmitten seiner Gesellschaft, in der er eine schöne Fassade aufrecht erhält, und all den tollen Dingen, die er besitzt und muss einsehen: „Kacke. Ich bin unglücklich, weil ich mich mit diesem kapitalistischen Dreck rumärgere.“ Und irgendwann wird er zum Wandersmann und sucht seine Erfüllung, bricht seine Krone. Und so abgedroschen wie das auch klingen mag: ich glaube, ein solcher Wandersmann steckt doch in jedem von uns. Jeder sucht doch seine Erfüllung, nicht wahr? Irgendwie ist dieser Song aber auch eine generelle Kritik an der Gesellschaft. Der Mensch ist eine Ware. Sex ist Ware.

Für spirituelle Handlungen, egal welcher Art, ist kein Platz in unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft.

Ich weiß, das wirkt jetzt alles sehr hochtrabend. Ich will mich nicht wichtigmachen, aber ich wollte dir nur kurz den Inhalt erklären. 🙂

Ehrlich gesagt ich habe allerhöchste Erwartungen nach so einem unglaublich genialen facettenreichen Debut. Was erwartet mich an einem Wucan-Live Gig?

Dankeschön! Auf einem Wucan Gig erwarten dich eine schüchterne, wortkarge Band und viel Gekreische! 😉

WUCAN – Vikarma / Das Digitale Album bevor „Sow The Wind“

WUCAN Tour

26.09.2015 Reitwein @ Live in Reitwein with Ben Grafelt
23.10.2015 Wiesbaden @ Kreativfabrik
24.10.2015 Leeuwarden (NL) @ Into The Void
30.10.2015 Cottbus @ Blue Moon Festival
17.11.2015 Wien @ Arena Beisl
18.11.2015 Graz @ Explosiv
20.11.2015 Luzern @ Bruch Brothers
21.11.2015 Obermarchtal @ Kreuz
27.11.2015 Dortmund @ subrosa
28.11.2015 Achern-Wagshurst @ Blues-Rocknacht

Christian Mäder

BITLAKE | Content Distribution

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