B.O.N.Z.

Bloggende Online Nerds Zentraleuropa | Bloggerkollektiv | Webkultur

Musik

Die Broilers treffen mit [sic!] den Nerv der Zeit

„Ist wirklich so!“ oder „Das muss so sein!“ In etwa so kann man den redaktionellen Ausdruck [sic!] zusammenfassen. Wer ein [sic!] hinter einen Satz stellt, ist wild entschlossen. Und darum heisst die neuste Broilers-Scheibe auch [sic!].  Es ist Zeit, aufzustehen und sich zu wehren – diese Botschaft soll unmissverständlich rüberkommen. Und das tut sie auch im Video zur neusten Single „Keine Hymnen heute“

 

Das Video erinnert stark an Nazi-Deutschland mit dem Unterschied, dass das Böse diesmal gewinnt. Wir haben Sammy Amara von den Broilers aus der Bandprobe geklingelt und wollten wissen, ob wir noch zu retten sind?

Sammy: Das Video erinnert zwar an Nazi-Deutschland, spielt aber in einer unbestimmten Zukunft. Wir haben das Gefühl, dass wir seit den 30er Jahren nie mehr so nahe an dieser Scheisse dran waren. Und ich finde, wir sind vom Gefühl her schon lange über diese Anfänge hinaus. Denn selbst damals fing das nicht mit Gaskammern an, sondern mit Vertreibung und Ausgrenzung – und an diesem Punkt sind wir schon längst. Ob wir noch zu retten sind? Ich hoffe es! Ich hoffe, dass jeder kapiert, wie gefährlich das alles ist, was gerade jetzt passiert.

Bonz: Viele Leute hören aber auch Musik, um mal von den Gesellschafts-Problemen Abstand zu nehmen und möchten darum nicht auch noch in der Musik politische Botschaften hören.

Musik wird von Menschen gemacht und die Menschen dürfen ihre Meinung in der Musik auch kund tun. Aber klar, es gibt bei jedem Momente, in denen man keinen Bock auf Politik hat und dann hört man halt andere Musik. Wir wollen auch nicht mit dem Zeigefinger belehren, sondern den Finger in die Wunde legen und Menschen zum nachdenken anregen. Damit sie Position beziehen. Denn unpolitisch durch die Welt gehen, kannst du nur als kleines Kind.

Der Albumtitel [sic!] lässt darauf schliessen, dass das Album euch am besten widerspiegelt. Ist das so?

In gewisser Weise, ja. Aber natürlich ist es so, dass jedes Album zu seiner Zeit die Broilers genau widergespiegelt hat. Und jedes Album ist anders. Ich möchte auch nicht mit der Band zweimal dasselbe Album aufnehmen. Wir möchten bei jedem Album etwas neues ausprobieren. Das kann auch bedeuten, dass wir einen Schritt zurück machen und wieder etwas rauer werden, wie jetzt bei [sic!].

Es gibt euch schon über 20 Jahre – was macht die Broilers aus?

Das ist eine Freundschaft zwischen 5 Leuten, die sich echt gerne mögen und die gern zusammen sind. 5 Leute, die genau wissen wie der andere tickt und einfach Bock haben, zusammen ein Bierchen zu trinken und Musik zu machen.

Gibt es auch Momente, in denen ihr keinen Bock auf Musik habt?

Ich hab das ganz selten. Aber ich kann nicht die ganze Zeit Punk oder Hardcore hören. Ich höre eigentlich konstant Musik. Darunter ist aber auch klassische Musik oder Jazz. Das ist, wie wenn du in der Parfumerie bist und die ganze Zeit Parfums ausprobierst. Irgendwann riechst du nichts mehr und dann musst du an Kaffeebohnen schnuppern. Und Klassik und Jazz sind für mich wie Kaffeebohnen. Das entspannt mich und macht die Ohren frei.

Und wie sieht es aus mit der Lust, selber Musik zu machen?

Klar muss man ab und zu den Arsch zusammenkneifen. Und klar haben wir nicht jeden Tag Bock zu proben. Und natürlich haben wir Lieder, die wir seit 20 Jahren Spielen und nicht immer Bock drauf haben. Aber da muss man sich halt ein bisschen anstrengen und jeden Tag dankbar sein, dass uns dieses Monster Broilers die Miete bezahlt.

Habt ihr nach all den Konzerten immer noch den Kick auf der Bühne oder flacht das ab und wird normal?

Nein, sobald der Vorhang fällt und du die Leute siehst und diese elektrisierende Spannung im Raum ist, kriegst du das sofort ab und wirst abgeholt. Dann bist du voll drin und dann spielen wir dann auch die alten Lieder gerne, für die wir uns bei der Probe manchmal den Arsch zusammenkneifen müssen.

Was war das dümmste, dass ihr als Band zusammen gemacht habt?

Da gab’s viele Sachen, aber über die schmunzelt man Ende auch. Alles was wir getan haben oder vielleicht Fehlerhaft wirkt, hat uns am Ende zu der Band gemacht, die wir heute sind. Und deswegen heisst das neue Album auch [sic!] ! [sic!] steht für: so und nicht anders. Wenn etwas nach aussen wie ein Fehler wirkt, schreibst du halt das [sic!] dahinter, um klar zu machen: das ist beabsichtigt.

Ihr startet eure Tour in der Schweiz und hattet auch schon viele Gigs in der Schweiz. Was ist aus deiner Sicht typisch Schweiz?

Ich mag die Schweiz. Es ist so eine andere Geschwindigkeit und auch eine gewisse Coolness – man mag es kaum glauben 😉 Und ausserdem gefällt mir auch der Dialekt sehr – ihr singt ja eigentlich schon, wenn ihr ganz normal sprecht.

Was sind eure Erwartungen an die Tour?

Einfach, dass wir das geniessen können, dass wir zusammen wieder unterwegs sein und die Leute glücklich machen können – und die Leute unser neues Album danach hoffentlich so lieben, wie wir es selber lieben.

Das neue Album [sic!] erscheint übermorgen, am 3. Februar. Die Tour starten die Broilers mit 3 Konzerten in der Schweiz. Am 23.2. Volkshaus Zürich, am 24.2. Kofmehl Solothurn und am 25.2. Bierhübeli Bern.

Märä

Stieg einst von den hohen Glarner Bergen herunter in die Häuserschluchten Zürichs, um sich todesmutig in die Konzert-Locations in der Umgebung zu stürzen. Was dabei alles so passiert, liest man jeweils hier auf Bonz.ch. Ausserdem hört man mich ab und zu beim besten Radiosender der Welt: toxic.fm!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert