Albert Camus: Die Pest
Die Pest ist Albert Camus‘ erfolgreichster Roman. Er wurde 1947 veröffentlicht und war bereits damals ein unmittelbarer Triumph. Innerhalb eines Jahres wurde Die Pest in neun Sprachen übersetzt. Bereits vor dem frühen Tod seines Autors bei einem Autounfall im Januar 1960 hatte sich Die Pest als Klassiker der Weltliteratur etabliert.
„Die einzige Art, gegen die Pest zu kämpfen, ist die Ehrlichkeit.“ (Albert Camus, 1947)
Die faschistische „Pest“, die den Roman inspiriert hat, mag verschwunden sein, aber das Thema ist aktueller denn je und macht dieses Buch nach wie vor uneingeschränkt relevant.
Von allen Werken des Autors beschreibt keines die Konfrontation und das Zusammenleben des Menschen mit dem Tod so anschaulich und in einem so epischen Ausmaß wie Die Pest. Das Buch ist eine Allegorie auf das Leben in Frankreich unter dem Dritten Reich. Die Handlung spielt in Oran, einer Stadt an der algerischen Küste, inmitten einer verheerenden Pest. Dadurch arbeitet Camus eine Allegorie des Lebens unter deutscher Besatzung ein, ohne dass hierbei politische Interpretationen stehen.
Als die Pest kurz nach dem Auftreten von Ratten in der Umgebung von Oran auftritt, kommt das Leben in der Stadt zum Stillstand. Oran ist für die Außenwelt gesperrt und die Bevölkerung kann die materialistischen Bestrebungen, die sie zuvor verfolgte, nicht mehr genießen. Es entsteht eine Kultur des Misstrauens.
Die Geschichte konzentriert sich auf eine Gruppe von Männern, die sich in ihrem Kampf zusammengeschlossen haben um die Pest zu besiegen und sich vor ihr zu schützen. Der Roman erforscht die Männer und ihre Suche nach Erfüllung und persönlicher Freiheit. Aber ist dieser innere Friede in einer Umgebung voller Tod und Leid, gefangen in einem inneren Gefängnis ohne Hoffnung überhaupt möglich? Camus kann keine wirkliche Antwort auf diese Frage geben, sondern endet den Roman mit der Warnung, dass die Zukunft die „Ratten wieder aufwecken würde“. Die einzige Schlussfolgerung bleibt, weiter zu kämpfen und nach Freiheit und Einheit zu streben.
Obwohl Camus eine Geschichte erzählt, die in einer realen Stadt spielt und von einer bestimmten Krankheit handelt, hat seine literarische Darstellung einer isolierten und unsichtbaren Gemeinschaft die universelle Qualität eines Mythos. Heute erzählt Die Pest die Geschichte einer anderen Art von Pest: die eines destruktiven, hyper-materialistischen Turbokapitalismus.