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Literatur

Das vergessene Kapitel: Wie Juden einst zur Umsiedlung nach Kenia gezwungen werden sollten

Die Gründung Israels im Jahr 1948 war das Ergebnis jahrzehntelanger politischer, diplomatischer und ideologischer Bemühungen. Doch lange bevor der jüdische Staat in Palästina Realität wurde, gab es alternative Pläne für eine jüdische Heimstätte – darunter ein überraschendes und heute weitgehend vergessenes Vorhaben: die Ansiedlung in West-Kenia.

Das Uganda-Programm: Eine britische Idee für die Juden

Ende des 19. Jahrhunderts standen europäische Juden, insbesondere die in Osteuropa lebenden Gemeinden, unter starkem Druck. Pogrome, Diskriminierung und wirtschaftliche Not trieben viele von ihnen dazu, nach Alternativen zu suchen. Theodor Herzl, der Begründer des modernen politischen Zionismus, sah Palästina als einzig mögliche Heimat. Doch die politischen Gegebenheiten machten eine sofortige Umsetzung dieses Traums schwierig.

Im Jahr 1903 bot das Britische Empire der zionistischen Bewegung ein Gebiet in Ostafrika zur Besiedlung an – die sogenannte „Uganda-Option“. Das vorgeschlagene Land lag jedoch nicht in Uganda selbst, sondern in dem heutigen Kenia, genauer gesagt im Hochland West-Kenias. Die Region wurde von der britischen Kolonialverwaltung als potenzielles jüdisches Siedlungsgebiet angesehen, da sie als klimatisch günstig galt und Platz für landwirtschaftliche Entwicklung bot.

Ein gespaltenes Zionistisches Lager

Die Idee einer jüdischen Ansiedlung in Afrika stieß innerhalb der zionistischen Bewegung auf heftigen Widerstand. Während einige, insbesondere jene, die unter akuten Verfolgungen litten, eine pragmatische Lösung begrüßten, lehnten die meisten Zionisten das Vorhaben ab. Für sie war nur das biblische Land Israel als Heimat akzeptabel.

Auf dem Sechsten Zionistenkongress 1903 kam es zu heftigen Diskussionen über den Plan. Die Bewegung spaltete sich beinahe, doch nach weiteren Untersuchungen und einer Delegation, die das kenianische Hochland bereiste, wurde das Projekt schließlich 1905 abgelehnt. Die Mehrheit der Zionisten hielt weiterhin an Palästina fest, auch wenn der Weg dorthin ungewiss blieb.

Was wäre gewesen, wenn?

Die Vorstellung, dass eine jüdische Gemeinschaft in Ostafrika entstanden wäre, wirft viele faszinierende Fragen auf. Hätte eine jüdische Siedlung in Kenia den Holocaust verhindern oder zumindest die Flucht für viele europäische Juden erleichtern können? Wäre ein jüdischer Staat in Afrika langfristig überlebensfähig gewesen?

Letztlich blieb die Idee eine Fußnote der Geschichte. Doch sie zeigt, wie offen die Zukunft der jüdischen Nationalbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war – und wie sehr politische Gegebenheiten und historische Zufälle den Lauf der Geschichte bestimmten.

Der Madagascar-Plan: Hitlers gescheiterter Plan zur Zwangsumsiedlung der Juden

In der Geschichte des 20. Jahrhunderts gibt es zahlreiche düstere Kapitel, doch eines der weniger bekannten ist der sogenannte Madagascar-Plan. Diese Idee der nationalsozialistischen Führung zielte darauf ab, die jüdische Bevölkerung Europas zwangsweise auf die afrikanische Insel Madagaskar umzusiedeln. Was zunächst als „territoriale Lösung“ verkauft wurde, entpuppte sich schnell als Vorstufe zum Holocaust – ein weiterer Beweis für die skrupellose Ideologie des NS-Regimes.

Die Ursprünge des Plans

Der Madagascar-Plan hatte seine Wurzeln in antisemitischen Vorstellungen, die weit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten existierten. Schon im 19. Jahrhundert kursierten unter europäischen Antisemiten Ideen, jüdische Gemeinden aus Europa zu verbannen. Mit dem Aufstieg des NS-Regimes wurde dieses Konzept konkreter: 1938 beauftragte Adolf Hitler die SS und das Außenministerium, eine „territoriale Endlösung“ zu prüfen. Madagaskar, damals eine französische Kolonie, erschien als geeigneter Ort für diese menschenverachtende Umsiedlung.

Umsetzung und Scheitern

Im Jahr 1940, nach dem Sieg über Frankreich, nahm der Madagascar-Plan Gestalt an. Die deutsche Regierung plante, vier Millionen Juden in mehreren Etappen dorthin zu deportieren.

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