«Smoke»: Dennis Lehane bringt Feuer in die Serienwelt zurück
Mit seiner neuen Serie Smoke liefert Dennis Lehane erneut einen düsteren Blick in die Abgründe des Menschen – und bleibt seiner Handschrift treu: moralisch aufgeladene Figuren, literarische Dialoge und ein Thrillergerüst, das sich langsam, aber unaufhaltsam zuspitzt. Bereits bei In with the Devil (Black Bird) überzeugte Lehanes Zusammenarbeit mit Taron Egerton. Nun gehen beide erneut eine kreative Liaison ein – diesmal in einem gänzlich anderen Setting: dem feuchten, nebligen Pazifischen Nordwesten, wo Rauch und Wald das visuelle Leitmotiv bilden.
Egerton verkörpert Dave Gudsen, einen abgeklärten, aber innerlich zerrissenen Brandermittler, der mit der ebenso engagierten wie traumatisierten Polizistin Michelle Calderone (gespielt von Jurnee Smollett) eine rätselhafte Brandserie untersucht. Der Täter legt seine Feuer mit System – sie sind brutale Kunstwerke der Zerstörung. Schnell wird klar: Dies ist kein gewöhnlicher Fall. Die Spur führt tief in die Vergangenheit – und tief in die Psychologie des Feuerlegens. Die Figur des Brandstifters ist lose an den realen John Leonard Orr angelehnt, einem Feuerwehrmann, der über Jahre hinweg selbst Brände legte. Als Grundlage für die Drehbuchentwicklung diente unter anderem der dokumentarische Podcast Firebug, dessen detailreiche Recherche Lehane mit seinem Gespür für Fiktion elegant verdichtet.
John Leguizamo ergänzt das Ensemble als erfahrener Feuerwehrhauptmann, der zwischen Dienstethos und persönlicher Vergangenheit zerrieben wird. Wie schon in Lehanes früheren Werken stehen auch in Smoke beschädigte Männer und Frauen im Mittelpunkt – gezeichnet von Schuld, Misstrauen und der ständigen Frage, ob man der Wahrheit standhalten kann, wenn sie endlich ans Licht kommt.
Visuell ist Smoke rau, atmosphärisch und tief durchkomponiert – die Wälder wirken wie lebende Wesen, die Rauchschwaden wie Gedanken, die sich nicht fassen lassen. Die Serie spielt mit den Motiven von Feuer als Reinigung, als Zerstörung und als Symbol des Kontrollverlusts. Auch musikalisch setzt die Serie Akzente: Der Titelsong stammt von Radiohead-Frontmann Thom Yorke.
Kritisch anzumerken ist jedoch, dass Smoke in den ersten Folgen etwas zu langsam Fahrt aufnimmt. Die Dialoge sind zwar stark, aber die Storyline verliert sich stellenweise in Rückblenden und psychologischem Ballast, der die Spannung dämpft. Auch bleibt Egertons Figur anfangs seltsam distanziert – was zwar zur Rolle passt, aber emotional schwer zugänglich macht. Erst im Mittelteil gelingt der Serie die dringend nötige Verbindung zwischen persönlichem Drama und kriminalistischer Spannung.
Trotz dieser Längen ist Smoke ein Serienerlebnis, das sich lohnt – für Fans intelligenter Crime-Stoffe mit literarischem Anspruch ebenso wie für jene, die das Zusammenspiel von Realität und Fiktion fasziniert. Dennis Lehane bleibt einer der interessantesten Geschichtenerzähler des amerikanischen Fernsehens, und Taron Egerton beweist erneut, dass er weit mehr ist als ein Actiondarsteller.